Mehr Angriffe wegen sexueller Orientierung
Queere Menschen waren in den vergangenen Jahren vermehrt Anfeindungen, Beleidigungen und zunehmend auch Gewalt in der Öffentlichkeit ausgesetzt. 2023 wurden laut der Polizeilichen Kriminalstatistik 690 Fälle gegen die „Sexuelle Orientierung“ und/oder „Geschlechtsbezogene Diversität“ registriert - das sind 148 Fälle mehr als im Vorjahr, was wiederum einem Anstieg von 27,3 Prozent entspricht. Die Gesamtfallzahlen der queerfeindlichen Kriminalität steigen dabei bereits seit Jahren kontinuierlich an. „Dazu leistet aber auch die intensivierte Präventionsarbeit einen Beitrag, deren Ziel es ist, die Bereitschaft zur Anzeigenerstattung zu steigern und das Dunkelfeld aufzuhellen“, betonte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) bei der Vorstellung der Daten. Bedeutet: Die Schärfung des gesellschaftlichen Bewusstseins für solche Verbrechen führt zum Teil auch zu einer höheren Anzeigebereitschaft. Beispielsweise etwa durch Personen, die proaktiv potenziell strafbare Äußerungen im Internet recherchieren, bekannt machen und juristisch verfolgen lassen. Zeitgleich mit einem Anstieg der Gesamtzahlen gingen die Gewaltdelikte von 165 (2022) auf 148 (2023) zurück. Die meisten Gewaltdelikte (134) geschahen dabei ohne politische Motivation, sechs wurden durch Rechtsradikale begangen, vier waren religiös motiviert und vier passierten vor dem Hintergrund einer ausländischen Ideologie. 87 Straftaten wurden 2023 dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet, 25 der ausländischen Ideologie, 24 der religiösen, drei dem Linksextremismus.
Auch die Berliner Staatsanwaltschaft nimmt eine Zunahme an Queerfeindlichkeit wahr. Die Zentralstelle Hasskriminalität verfolgte 2023 5924 Fälle, in denen Menschen wegen ihrer Religion, sexuellen Orientierung oder politischer Arbeit angegriffen wurden. Das sind rund 2030 Fälle mehr als 2022 (3890). 2021 registrierte die Zentralstelle noch 3764 Fälle. 2023 stiegen vor allem Hass und Hetze im Netz. 2542 solcher Verfahren wurden eröffnet. Im Jahr 2022 waren es laut Zentralstelle 1023, im Jahr zuvor 1648. Um des Problems Herr zu werden, hat sich ein Runder Tisch „Schutz vor queerfeindlicher Hasskriminalität“ konstituiert. Ihm gehören Vertreter von Senatsverwaltungen, Polizei, anderer Sicherheitsbehörden und Bezirke an - ein zentrales Steuerungsgremium, um eine ressort- und bezirksübergreifende Landesstrategie gegen Queerfeindlichkeit zu erarbeiten. Der Prozess ist auf zwei Jahre ausgelegt.